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Was Glück mit Lernen zu tun hat

Was spielt sich in unserem Gehirn ab, wenn wir Glücksgefühle empfinden? Und was hat Lernen mit Glück zu tun? Prof. Manfred Spitzer verrät es im Interview.

Prof. Dr. med. Dr. phil. Manfred Spitzer (Jahrgang 1958) ist Autor und Neurowissenschaftler. Er gilt als einer der renommiertesten Hirnforscher Deutschlands. Seit 1997 hat er den Lehrstuhl für Psychiatrie der Universität Ulm inne und leitet die seit 1998 bestehende Psychiatrische Universitätsklinik in Ulm. Im Interview gibt er Einblicke in den aktuellen Stand der Forschung.

 

Herr Prof. Spitzer, wie definieren Sie „Glück“?

Das ist schwierig. Denn zum einen ist Glück wie Schönheit: Man kann nicht sagen, was es ist, aber man sieht es sofort. Zum anderen streben alle Menschen nach Glück, was mich definitionsgemäß einschließt. Wenn das stimmt, dann sehe ich es auch, kann es aber nicht sagen. Vielleicht habe ich gerade deswegen schon viel darüber nachgedacht.

 

Nach Ihren Worten ist Glück aus evolutionärer Sicht ein Nebenprodukt des Lernens. Was meinen Sie damit?

Die Nervenzellen, die in unserem Gehirn beim Glückserleben aktiv werden, haben interessante Eigenschaften: Sie feuern nicht einfach bei positiven, angenehmen Erlebnissen, sondern immer dann, wenn ein Ereignis eintritt, das besser ist als erwartet. Und wenn das geschieht, dann werden im Frontalhirn erstens Endorphine ausgeschüttet (das macht Spaß!) und zweitens werden Lernprozesse stark beschleunigt.

Das Gehirn löst mit diesem Mechanismus eine wichtige und schwierige Aufgabe. Nämlich die, was es in jedem Moment gerade tun soll. In jeder Sekunde strömen unglaublich viele Informationen ein, die nicht alle verarbeitet werden können. So entsteht das Problem der Auswahl dessen, was weiterverarbeitet werden soll. Es braucht dazu eine einheitliche Währung für alles und jedes: Essen, Lob, Wärme, Schutz, Wasser, Sex, Feuerstein, Axt etc. – was ist gerade jetzt am wichtigsten? Die Lösung besteht im Vergleichen. So wie wir auch mit Geld, also dem Preis von Sachen, alles Mögliche miteinander vergleichen und gegeneinander abwägen.

Solange alles nach Plan läuft und nichts geschieht, können wir einfach weitermachen. Wenn uns aber langweilig wird und es geschieht plötzlich etwas, das besser ist als erwartet, wird das Glücks-Modul aktiv und wir werden aufmerksam, wenden uns vom Langweiligen ab und dem Neuen zu und verarbeiten es besser. Das Wichtigste: Wir lernen besser und auf diese Weise lernen wir langfristig alles, was gut für uns ist.

Die schlechte Nachricht: Bei dem Modul unseres Gehirns, das für Glückserleben zuständig ist, geht es nicht um Dauerglück, sondern um dauerndes Streben nach interessanten Neuigkeiten.

Die gute Nachricht: Wer begriffen hat, dass Lernen und Glück ganz eng in unserem Kopf zusammenhängen, der weiß, dass ein Leben lang immer wieder Glückserlebnisse möglich sind. Man findet Antworten auf die Frage nach dem Glück also genau dort, wo viele sie am wenigsten vermuten würden: beim Lernen. Das sollten Schüler und Lehrer wissen!

 

Also ist Glück sozusagen der Motor für einen steten Erkenntnisgewinn. Wie hängen wiederum Glück und Neugier zusammen?

Das hat man beim Menschen wie folgt herausbekommen: Stellen Sie sich vor, Sie liegen im Scanner und man stellt Ihnen nacheinander ein paar Dutzend Fragen, zum Beispiel „Welches Musikinstrument wurde entwickelt, um wie die menschliche Singstimme zu klingen?“ oder „Wie heißt die Galaxie, in der unsere Erde liegt?“

Danach sollen Sie auf einer Skala von eins bis sieben angeben, wie neugierig Sie auf die Antwort sind. Dann sollen Sie angeben, wie sicher Sie die Antwort wissen – von 0% (weiß gar nichts) bis 100% (weiß es sicher). Daran anschließend kommt die Antwort. Und dann geht es mit der nächsten Frage weiter. Die recht komplizierte Auswertung ergab: Je neugieriger jemand ist, desto besser merkt er sich die Antwort auf die Frage, wenn er sie nicht gewusst hat. Und je neugieriger man ist, desto stärker aktiv ist das Gehirnareal, das auch für Glückserlebnisse zuständig ist. Dessen Aktivierung während einer bestimmten Frage entschied wesentlich mit, ob man die Antwort behalten hat.

Kurz: Bei Neugier wird der Glücksgenerator gewissermaßen „vorgeglüht“, sodass man besonders gut lernt, wenn man eine Antwort erhält. Damit zeigt sich der besonders enge Zusammenhang zwischen Glück und Lernen.

 

Glücksgefühle sind bekanntlich sehr flüchtig. Haben Sie Tipps, wie wir Glück im Sinne von mehr Lebenszufriedenheit konservieren können?

Betrachtet man den gerade beschriebenen Mechanismus, wird sofort klar: Dauerglück ist auf diese Weise gar nicht zu erlangen. Es wird aber auch klar: Immer wieder neue Glückserlebnisse – das geht, und genau dafür ist das ganze System auch da.

Nun muss man noch wissen, dass wir Menschen ein Gehirn haben, das verglichen mit unserer Körpergröße sehr groß ist und sehr viel Energie verbraucht. Es wiegt zwei Prozent des Körpers, braucht aber 20 Prozent der Energie, die wir aufnehmen. Diese Energie, also Nahrung, war während der Zeit unserer Evolution immer knapp, weswegen der Energieverbraucher auch ständig genutzt werden musste, um an Nahrung zu kommen. Es haben also nur diejenigen überlebt, die ihr Gehirn tatsächlich dauernd verwendet haben, und das sind zugleich diejenigen, die Spaß am Lernen – also am Benutzen ihres Gehirns – hatten.

 

Wie wichtig ist Materielles für unser Glück?

Das Sprichwort „Geld macht nicht glücklich…“ hat sich mittlerweile auch wissenschaftlich immer wieder bestätigt. „… aber es beruhigt“. Auch das wurde gezeigt: Wer andauernd Geldsorgen hat, der lebt unglücklicher und nicht so lange wie derjenige, der diese Sorgen nicht hat. Denn existenzielle Verunsicherung bewirkt Stress, und diese an sich sinnvolle Notfallreaktion ist tödlich, wenn sie chronisch abläuft.

Hinzu kommt, dass man in den letzten Jahren die ungünstigen Auswirkungen von Armut auf die Gehirnentwicklung klar nachweisen konnte. Und weil diese nicht nur für das Glück eines Menschen, sondern auch für seine Lernfähigkeit und Bildung wichtig ist, bedeutet dies: Im Grunde genommen können und sollten wir uns Armut gar nicht leisten, denn sie beeinträchtigt das in Entwicklung befindliche Gehirn viel zu stark. Anders gewendet: Einer Gesellschaft, die Armut von Kindern und Jugendlichen wirksam bekämpft, geht es langfristig deutlich besser. Allen in dieser Gesellschaft geht es besser, den Armen und den Reichen.

 

Kann auch ein plötzlicher Geldgewinn unser Glück steigern? Und wenn ja, was sollten wir dazu mit dem Geld anstellen?

Ja, vor allem, wenn man vorher sehr wenig hatte. Aber man muss auch wirklich wissen, wie man es anstellt, mit Geld Glück zu erzeugen…

 

… und wie geht das?

Man muss wissen, dass Geld zu verschenken glücklicher macht, als Geld geschenkt zu bekommen. Dass es kaum auf die Menge ankommt, sondern darauf, dass man es tut – und dass man es öfter tut. Und wenn man schon Geld ausgeben will, um Glück zu erzeugen, dann sollte man nicht in Dinge investieren, sondern in Erlebnisse. Dinge brauchen Platz, man muss sie aufräumen, sie verstauben, verrosten, gehen kaputt, gehen verloren oder werden uns vielleicht sogar gestohlen. All das raubt uns Zeit und zieht uns langfristig herunter.

Erlebnisse – gute und schlechte – hingegen werden mit der Zeit immer besser, denn unser Gedächtnis hat eine rosa Brille, die alles auf Dauer freundlicher einfärbt. Jeder kennt das: Aus dem Missgeschick eines platten Reifens im Urlaub wird mit der Zeit eine Story, mit der wir Partygäste unterhalten. Erlebnisse sind in unserem Gehirn, man braucht sie weder abzustauben noch aufzuräumen noch kann sie uns einer nehmen. Und sie werden mit der Zeit immer schöner.

 

Zum Schluss: Was macht Sie persönlich glücklich?

Gemeinsam mit Familie und Freunden verbrachte Zeit.

 

Zur Person

Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer studierte in Freiburg Medizin, Psychologie und Philosophie. Nach seiner Habilitation für das Fach Psychiatrie war er als Oberarzt an der psychiatrischen Universitätsklinik Heidelberg tätig. Forschungsaufenthalte in den USA (Harvard University und University of Oregon) prägten das weitere wissenschaftliche Werk von Manfred Spitzer an der Schnittstelle von Neurobiologie, Psychologie und Psychiatrie. Seit 1997 ist er Ärztlicher Direktor der Psychiatrischen Universitätsklinik in Ulm. 2004 gründete er das Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen (ZNL).

 

Über den Kolumnenautor

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Oliver Schönfeld

Was ist eigentlich Glück? Ist es ein subjektives Gefühl oder lässt sich Glück objektiv messen? Hat Glück etwas mit Geld zu tun, zum Beispiel mit einem Lotteriegewinn? Denken Menschen in anderen Ländern ähnlich? Dieser und ähnlichen Fragen geht der Kolumnist Oliver Schönfeld jede Woche an dieser Stelle nach. Dabei nimmt er auch die Eurojackpot-Welt unter die Lupe und berichtet hautnah über aktuelle Themen, Trends und Kuriositäten.

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