Die richtigen Ziele setzen – und das eigene Glück finden
Prof. Dr. Karlheinz Ruckriegel gilt als einer der renommiertesten Glücksforscher Deutschlands. Aus Anlass des Weltglückstags am 20. März verrät er im Interview, was wir tun können, um unser emotionales und kognitives Wohlbefinden zu verbessern.
Herr Prof. Ruckriegel, wie definieren Sie Glück?
Prof. Ruckriegel: In der Glücksforschung geht es um Glücklichsein und nicht ums Glückhaben. Wir sprechen also an dieser Stelle nicht über Zufallsglück, sondern über das Wohlfühlglück, das wir selbst aktiv beeinflussen können.
In der Wissenschaft wird es als subjektives Wohlbefinden bezeichnet, dabei haben wir es mit zwei Ausprägungen zu tun: Beim emotionalen Wohlbefinden geht es darum, wie wir uns gerade fühlen, während das kognitive Wohlbefinden beschreibt, wie zufrieden wir mit unserem Leben sind – im Verhältnis zu unseren Zielen, Wünschen und Erwartungen.
Wenn ich mit meinen 67 Jahren das Ziel verfolgen würde, bei Bayern München in der ersten Mannschaft zu spielen, wäre das nicht sehr förderlich für mein Wohlbefinden. Damit meine ich nicht, dass wir uns gar keine ehrgeizigen Ziele setzen dürfen – sie sollten aber stets eine Verankerung in der Realität haben.
Beim emotionalen Wohlbefinden weiß die Glücksforschung heute, dass das Verhältnis von positiven zu negativen Gefühlen im Tagesdurchschnitt ungefähr vier zu eins sein sollte. Wenn man ständig nur negative Gefühle hat, schlägt sich das über kurz oder lang auch auf das kognitive Wohlbefinden nieder.
Um unser kognitives Wohlbefinden zu verbessern, sollten wir uns die richtigen Ziele setzen. Diese – so die Erkenntnisse aus der Psychologie – sind persönliches Wachstum, Arbeiten an zwischenmenschlichen Beziehungen und Beiträge zur Gesellschaft. Diese Ziele sind für uns Menschen essenziell, weil sie unsere psychischen Grundbedürfnisse am besten befriedigen.
Welche Rolle spielen technologische Innovationen und Digitalisierung? Machen neue Technologien automatisch glücklicher oder stehen sie unserem Glück eher im Weg?
Prof. Ruckriegel: Es kommt darauf an, was wir mit der Technik machen: Wenn die Innovationen uns beim persönlichen Wachstum, beim Pflegen unserer sozialen Beziehungen oder bei unseren Beiträgen zur Gesellschaft unterstützen und zu einer positiven Gefühlsbilanz beitragen, sind sie natürlich hilfreich.
Wenn diese Innovationen aber zu einer Spaltung der Gesellschaft, zu einer Dominanz negativer Gefühle und zur Vereinsamung beitragen, weil sie uns Zeit rauben, dann sind sie eher Gift für unser Wohlbefinden.
Welche Bedeutung haben soziale Beziehungen und wie können wir sie in einer zunehmend individualisierten Gesellschaft pflegen?
Prof. Ruckriegel: Wir Menschen sind das sozialste Wesen überhaupt. Deshalb sind gute soziale Beziehungen für uns ein zentraler Glücks-Faktor. Für uns zählen Freundschaften, Beziehungen, Ehrenamt. Das ist auch in einer individualisierten Gesellschaft nicht anders. Und wir haben es zum großen Teil selbst in der Hand, wie wir unsere Zeit verwenden.
Gibt es einen Zusammenhang zwischen materiellem Wohlstand und individuellem Glück?
Prof. Ruckriegel: Der Einfluss des Materiellen ist begrenzt. Geld zu haben, erhöht nur bis zu einem bestimmten Grad die Lebenszufriedenheit. Ein Grund: Die materiellen Ansprüche und Ziele passen sich an die Entwicklung an, das heißt mit steigendem Einkommen wachsen auch die Ansprüche, sodass daraus keine größere Zufriedenheit erwächst. Man spricht hier von der sogenannten hedonistischen Tretmühle.
Bestehen Unterschiede im Wohlbefinden zwischen verschiedenen Altersgruppen, und, falls ja: woran liegt das?
Prof. Ruckriegel: Was die Lebenszufriedenheit angeht, beobachtete die Wissenschaft bislang einen U-förmigen Verlauf. In den 20er-Lebensjahren gibt es tendenziell relative hohe Zufriedenheitswerte, dann geht die Zufriedenheit langsam zurück, bevor sie mit Mitte 50 wieder ansteigt. Aktuell hat sich allerdings etwas verändert. Der menschengemachte Klimawandel, Inflation sowie weltweite Konflikte tragen dazu bei, dass die Lebenszufriedenheit der Jüngeren tendenziell zurückgeht. Der Grund dafür liegt schlicht darin, dass viele Angst um die Zukunft haben. Wir sollten dringend daran arbeiten, dass sich dies wieder ändert.
Abschließend gefragt: Was kann jeder von uns konkret am Weltglückstag tun, um das persönliche Glück zu steigern? Haben Sie Tipps für Praktiken, die wir einfach in den Alltag übernehmen können?
Prof. Ruckriegel: Zum einen: Wir sollten uns die richtigen Ziele setzten. Zum anderen: Wir Menschen leben mit einem Negativitätsbias. Der Begriff meint, dass wir negative Dinge oft viel intensiver wahrnehmen als positive Erlebnisse.
Diese Wahrnehmung können wir verändern, indem wir beispielsweise ein Dankbarkeitstagebuch pflegen. Dazu setzt man sich zwei- oder dreimal die Woche hin und überlegt, für welche Dinge man dankbar ist und was man selbst dazu beigetragen hat. Wer das einige Monate macht, nimmt die Welt realistischer wahr –positive Dinge treten viel stärker ins Bewusstsein.
Dabei sollten wir aber nicht nur versuchen, positive Emotionen stärker wahrzunehmen, sondern die negativen Gefühle genauer zu analysieren. Diese Emotionen lassen sich beeinflussen. Ein Beispiel: Sich ständig im Stau aufzuregen, ist vollkommen sinnlos.
Das heißt nicht, dass wir alle negativen Gefühle verdrängen sollen. Vielmehr sollten wir uns fragen, ob uns das negative Gefühl wichtige Informationen liefert, auf die wir überlegt handeln sollten. Falls dies nicht der Fall ist, kann man es getrost ignorieren – und sich stattdessen bewusst auf positive Dinge konzentrieren.
Zur Person
Prof. Dr. Karlheinz Ruckriegel ist emeritierter Professor für Makroökonomie, insbesondere Geld- und Währungspolitik, Psychologische Ökonomie und interdisziplinäre Glücksforschung an der Technischen Hochschule in Nürnberg. Er hält Vorträge und hat zahlreiche Publikationen zum Thema Glück veröffentlicht.
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Über den Kolumnenautor
Oliver Schönfeld
Was ist eigentlich Glück? Ist es ein subjektives Gefühl oder lässt sich Glück objektiv messen? Hat Glück etwas mit Geld zu tun, zum Beispiel mit einem Lotteriegewinn? Denken Menschen in anderen Ländern ähnlich? Dieser und ähnlichen Fragen geht der Kolumnist Oliver Schönfeld jede Woche an dieser Stelle nach. Dabei nimmt er auch die Eurojackpot-Welt unter die Lupe und berichtet hautnah über aktuelle Themen, Trends und Kuriositäten.